Wenn er auf den Sportplätzen des Fußballkreises Hildesheim auftaucht, gibt es wohl kaum einen Menschen, der ihn nicht kennt: Bernhard Fritsche symbolisiert die Fußballabteilung der SV Alfeld wie kaum ein Anderer – und doch agiert er meistens bescheiden im Hintergrund.
Seit mehr als drei Jahrzehnten ist er nun Betreuer der Herrenfußballer der SV Alfeld. In dieser Zeit hat sich Fritsche nicht nur aufgrund seiner beispielhaften Loyalität und Treue, sondern auch aufgrund seiner offenen und herzlichen, wenn nötig aber auch direkten Art einen festen Platz in der Alfelder Fußballhistorie erarbeitet. Während viele Spieler und Trainer naturgemäß kamen und gingen, blieb er seinen Farben stets treu. Der 67-Jährige verkörpert somit einen vorbildhaften Gegenentwurf zum zunehmenden Individualismus, der mit der Schnelllebigkeit der globalisierten Welt einhergeht. Ein Portrait.
„Fußball und die SV Alfeld sind zwei enorm wichtige Dinge in meinem Leben – daher stand für mich früh fest, dass ich mich auch nach meiner Zeit als aktiver Fußballer im Verein engagieren möchte“, betont Fritsche. In welcher Form war dem Alfelder Urgestein zunächst allerdings nicht klar. „In meinen letzten Jahren als Spieler war ich zunächst Spielertrainer der vierten Mannschaft, ehe ich im Nachwuchsbereich mitgearbeitet habe“, sagt der Vollblutfußballer. Den Posten des Betreuers übernahm er dann im Jahr 1987 aber eher zufällig: „Als mein Vorgänger Jürgen Fahnenstich aufgrund starker Hüftprobleme aufhören musste, hat mich der Vorstand um den damaligen Vorsitzenden Günter Springmann angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, die Mannschaft zu unterstützen“, erinnert sich Fritsche. Er habe nicht lange nachdenken müssen und sofort zugesagt. „Dass es am Ende mehr als 33 Jahre werden würden, hätte ich natürlich nie gedacht“, sagt der 67-Jährige mit einem Lachen.
Auch wenn sich die Gestalt der Fußballabteilung innerhalb von mehr als drei Jahrzehnten natürlicherweise mehrfach gewandelt habe – so betreute Fritsche schätzungsweise 200 Spieler und begleitete von Ex-HSV-Profi Peter Lübecke bis zu Alexander Wiedmann zwölf verschiedene Übungsleiter – sei die Leidenschaft für seinen Job stets gleich geblieben. „Es ist ein total schönes Gefühl, Teil der Mannschaft zu sein und zugleich etwas zurückzugeben. Außerdem bin ich inzwischen in einem Alter, in dem der Umgang mit jungen Menschen mich selbst jung und frisch hält“, betont der Alfelder.
Mit Blick auf 33 Jahre als SVA-Betreuer schießen dem gelernten Elektriker etliche Anekdoten in den Kopf: „Besonders beeindruckend war sicher die Zusammenarbeit mit Peter Lübecke, der beim HSV unter anderem mit Uwe Seeler, meinem Idol, zusammengespielt hat“, sagt er. Aber auch Begegnungen mit Willi Reimann oder anderen Fußballgrößen sowie etliche sportliche Erfolge seien wertvolle Erinnerungen. „Der Aufstieg in die Landesliga Anfang der 2010er Jahre unter Holger Wesche sowie der Bezirkspokalsieg 2014, auch wenn ich dort beim Finale berufsbedingt leider nicht vor Ort sein konnte – das waren für mich die größten Höhepunkte“, meint Fritsche.
Jene Erfolgsmannschaft sei indes die fußballerisch beste Mannschaft gewesen, die er in all den Jahren begleitet habe. „Das Talent der Lübecke-Mannschaft war zwar ähnlich groß – die Mannschaft der frühen 2010er Jahre war aber im Kopf noch einen Schritt weiter“, befindet er – und hofft zugleich, dass Wesche, der die SVA in der kommenden Spielzeit nach vier intensiven und erfolgreichen Jahren unter Alexander Wiedmann übernimmt, an die Erfolge früherer Tage anknüpfen kann.
Wesche wird – wie die gesamte Abteilung – froh sein, weiter auf Fritsches Dienste zählen zu können. „Bernhard ist die personifizierte SVA-Fußballabteilung“, sagt etwa Sven Jakob. In den Augen des stellvertretenden Abteilungsleiters ist der Alfelder Betreuer ein unersetzbares Unikat: „So einen findet man kein zweites Mal. Man kann gar nicht genug wertschätzen, was er vor, während und nach dem Spiel investiert – und das schon seit über 30 Jahren“, betont Jakob. So würde Fritsche stets dafür sorgen, dass Bälle, Leibchen und Hütchen am Spielort bereitlägen und die Kabine mit Getränken und den Trikots bestückt wären. „Ich weiß, dass er ein enormes Standing bei Spielern und Trainern hat – egal, wen man fragt“, sagt der stellvertretende Alfelder Fußballchef. Fritsche selbst sieht den Schlüssel einer erfolgreichen Zusammenarbeit vor allem in dem Schaffen einer Vertrauensbasis und Eigeninitiative. „Bei Besprechungen bin ich natürlich still – das ist einzig und allein Trainersache. Aber ich gehe auf die Spieler zu, habe ein offenes Ohr und versuche, mich zudem möglichst bei jedem Training blicken zu lassen“, berichtet er. So entstehe eine enge Bindung, die mitunter auch über den Sport hinaus reiche.
Wie lange der bei Trainern, Mannschaft, Vorstand und Zuschauern gleichermaßen beliebte Alfelder die SVA-Kicker noch aktiv begleitet, weiß er nicht. „Das hängt in erster Linie von meiner Gesundheit ab“, sagt Fritsche. Grundsätzlich sei das Hindenburgstadion aber längst ein zweites Zuhause, die Mannschaft zu einer Art zweiten Familie geworden, für die der 67-Jährige gerne Zeit, Mühe und Gedanken investiere, ohne dafür besondere Aufmerksamkeit zu erwarten – wie ein stiller Held eben. (dp)