Historie

SV Alfeld – von 1914 bis 1945

Anfänge

Fußball in Alfeld – das war bei der Entstehung eine Sache der Arbeiter. Heute trägt die SVA das Gründungsjahr 1858 mit im Namen, aber der Verein, auf den dieses Datum zurückgeht, hatte mit Fußball anfangs nichts zu tun. Die Ursprünge des 1858 gegründeten Männer-Turn-Vereins Alfeld (MTV) lagen im bürgerlichen Milieu. Turnen war, wie in ganz Deutschland, die erste Sportart, die sich in Alfeld etablierte. Als Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Alfelder Arbeiter-Fußballvereine gegründet wurden, wurden diese von den vorhandenen bürgerlichen Turnvereinen misstrauisch beäugt. Als erster Fußballklub wurde „Hertha“ 1912 gegründet. Die Niedersächsische Volkszeitung schrieb am 21. Februar:

„Ein neuer Fußballklub, der den Namen „Hertha“ tragen soll, ist kürzlich, wie wir auf Ersuchen mitteilen, in der „Bürgerschänke“ zu Alfeld gegründet worden. Es traten ihm sofort 15 junge Leute bei, unter ihnen eine Anzahl in Wettkämpfen erprobter Spieler. Als Vereinslokal wurde die „Bürgerschänke“ bestimmt, wo an jedem Freitag Versammlungen stattfinden sollen. Eine Statutenfestsetzung erfolgt in der nächsten Versammlung. Der provisorische Vorstand besteht aus den Herren Langlotz (Vors.), Ritterbusch (Kassierer) und Quednau (Schriftführer). Die Genannten sind jederzeit bereit, Neuanmeldungen von jungen Leuten, die sich für das Fußballspiel interessieren, entgegenzunehmen.“

Dass dieser Club ein „Arbeiterverein“ war beweist ein Blick ins Adressbuch, das, leider als Einzigen, den genannten Karl Ritterbusch als „Fabrikarbeiter“ ausweist. In einigen Darstellungen wird auch schon von einem Verein namens „Hohenzollern“ berichtet, der für kurze Zeit vor der „Hertha“ existierte. Dafür lassen sich allerdings keine Beweise finden. Kurze Zeit später gründete sich ein weiterer Verein, und zwar durch die Ortsgruppe Alfeld des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, so dass es bald zum ersten Derby auf Alfelder Boden kam:

NVZ vom 29. Juni 1912 „Fußballwettspiel. Am kommenden Sonntag nachmittag wird zwischen den beiden hier bestehenden Fußballklubs, dem Klub „Hertha“ und dem von der Ortsgruppe Alfeld des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes ins Leben gerufenen „Fußballklub Alfeld von 1912“ ein Wettkampf stattfinden. Das Spiel wird auf dem im Perk belegenen städtischen Spielplatze ausgekämpft werden und nachmittags 3 ½ Uhr beginnen. Die Veranstaltung dürfte gewiß zahlreiche Freunde des Fußballsports herbeilocken.“

Das erste Derby konnte der „Fußballklub von 1912“ für sich entscheiden, wobei die Fußballberichterstattung der NVZ sehr gewöhnungsbedürftig klingt:

NVZ, 3. Juli 1912 „Fußball-Wettkampf. Am letzten Sonntag fand ein Fußball-Wettkampf zwischen dem Fußballklub „Hertha“ und dem Alfelder Fußballklub von 1912“ statt. Letzterer wurde durch Forderung ins Feld gerufen und zeigten die Spieler auf beiden Seiten – trotzdem der Fußballsport erst vor kurzem am hiesigen Platze ins Leben gerufen wurde – ein reges Interesse. Dem Fußballklub „Hertha“ gelang es in der zweiten Halbzeit 1 Tor zu erzielen, während von dem Gegner in der ersten und zweiten Halbzeit je 1 = 2 Tore errungen wurden. Der „Alfelder Fußballklub von 1912“ siegte somit 2:1. Nach diesem Spiele fand ein Kommers statt, woran sich die Spieler rege beteiligten.“

Beide Vereine dürften nur kurz bestanden haben und fusionierten noch vor dem 1. Weltkrieg zum FC Union. Wann genau lässt sich nicht sagen. Ihr erstes Spiel bestritten die so genannten „Unionisten“ am 29. Juni 1913 gegen den FK Nordstemmen, sie siegten 4:0.

Die Weimarer Republik

Doch im Grunde startet die Fußballgeschichte Alfelds erst nach dem 1. Weltkrieg ab 1919. Neben dem Arbeiterverein „Fußballclub Union“ gründete sich in diesem Jahr der ebenfalls nur Fußball spielende bürgerliche „Sportverein Eintracht“. Zwischen beiden Vereinen herrschte zwar eine große Rivalität, jedoch nicht zu vergleichen mit Derbys im heutigen Ligabetrieb, da die Clubs für verschiedene Milieus standen und aufgrund verschiedener Verbandszugehörigkeiten nicht in Pflichtspielen aufeinander trafen. Trotzdem gab es wohl Freundschaftsspiele zwischen „Union“ und den „Blauen“ der Eintracht, schon deshalb, weil sich dadurch große Einnahmen erzielen ließen. Kurz nach der Gründung der „Eintracht“ kam auch die Idee zur Fusion auf, die jedoch durch die verschiedenen Verbandszugehörigkeiten verworfen wurde.

NVZ vom 5. Oktober 1920: „In der Generalversammlung des Fußballclubs „Union“ gab der Vorsitzende unter Punkt Verschiedenes bekannt, dass der hiesige Fußballverein „Eintracht“ an ihn herangetreten sei, mit dem Ansinnen, eine Verschmelzung der beiden Fußballvereine herbeizuführen. „Eintracht“ stellte aber die Bedingung: Verschwinden des Namens „Union“ und Austritt aus dem Arbeiter-Turn- und Sportbund. Von der Versammlung wurde einstimmig beschlossen, nichts darauf zu erwidern, und dem Vorstand das Recht entzogen, mit dem Fußballverein „Eintracht“ auf irgendeiner Basis zu verhandeln.“

Dass die „Eintracht“ überhaupt so ein Angebot machen konnte, lag daran, dass „Union“ Probleme hatte, gesellschaftlich anerkannt zu werden. Über die Anfänge des Fußballs berichtete die „Alfelder Zeitung“ 1978:

„Im Jahre 1912 hatten die Alfelder Bürger noch nicht viel vom Fußball gehört oder gesehen. Viele Widerstände waren da zu überwinden. Es gab noch keinen so sportfreudigen Magistrat. Auf einer einfachen Wiese im Perk wurde der „Sportplatz“ hergerichtet. Eine Wiese, die bei jedem Hochwasser der Leine nicht bespielbar war. Der Verein verpflichtete sich, in Eigenarbeit immer wieder den Platz in Ordnung zu bringen. Eine kleine Bretterbude nahm die Tore, noch „beweglich“, Fahnen und Kreidekarren für den Spielbetrieb auf. Vor jedem Spiel mußten die Tore neu aufgestellt und nachgemessen werden. Kleinere Differenzen mit den Nachbarn waren an der Tagesordnung. Schlachtermeister Karl Elze hatte mal wieder den Ball, der auf seine Wiese geflogen war, beschlagnahmt. Nach längerem „Palaver“ gab er den Ball wieder frei. So gab es auch ältere Bürger am Perktor, die beim Vorbeigehen der Fußballmannschaften die Gardinen zuzogen und meinten, daß es nicht schön sei, mit nackten Beinen am Sonntagnachmittag die Lein- und Perkstraße zu betreten. Gendarm Petri solle kommen und alle Fußballer einsperren.“

Neben „Union“ und „Eintracht“ wurde Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre noch im MTV und in den neu gegründeten Clubs „SV von 1925“ und „Rotsport“ Fußball gespielt, allerdings weniger erfolgreich. Vom fußballerischen Können her nahm der „Fußballclub Union“ die Vormachtstellung ein. 1924/25 errangen die Spieler, deren Markenzeichen längstgestreifte Trikots waren, mit einem 2:1-Sieg gegen Union Linden in Hannover auf dem Waterlooplatz die Bezirksmeisterschaft des Bezirks Hannover. Im Anschluss daran spielte man gegen andere Bezirksmeister die damals so genannte Kreismeisterschaft aus. Die Gegner waren damals Vereine, die teilweise auch heute noch bekannt sind: Bremerhaven 93, Germania Wilhelmshaven, VfL Osnabrück; VfB Bielefeld und Bremen-Buntentor. Allerdings konnte man in diesem Wettbewerb nicht gewinnen. Weitere Höhepunkte dieser Zeit waren 1928 zwei Spiele gegen Weißkirchlitz-Teplitz. Die Mannschaft spielte 1928 in folgender Aufstellung: Karl Simon, Eberhard Hellmuth, Fritz Probst, Heinz Scholt, Willi Nikulka, Hermann Deiters (Locke), Willi Bothe, Karl Phillip, August Sandvoß, Karl Fütterer und Adolf Simon.

Um für Entlastung der Perk-Sportanlage zu sorgen, wo neben Fußball auch Schlagball und Feldhandball gespielt wurde, begann die Stadt Alfeld, eine neue Sportanlage an der Ziegelmasch zu bauen, die 1935 eingeweiht wurde und wo die SVA noch heute spielt. Allerdings hatten die Nazis da schon in der Alfelder Vereinslandschaft „aufgeräumt“ und das Platzbelegungsproblem auf ihre Art behoben.

Alfelder Fußball im Dritten Reich

In Alfeld bestanden ab 1933 noch folgende Vereine: – Männerturnverein von 1858, dem 1931 der Fußballclub „Eintracht“ beigetreten war – Sonnabend-Riege – Schwimmclub Poseidon – Turn- und Sportverein von 1884 (Tuspo). (Dieser letzte Verein hatte sich bereits 1929 durch den Zusammenschluss vom Sportverein von 1925 und dem Turnverein „Jahn“ gebildet.) Die Vereine des Arbeiter- Turn und Sportbundes wurden verboten. Die bestehenden wurden in einen neuen Einheitsverband, dem „Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen“, eingegliedert. Unter gewissen Voraussetzungen (die allerdings überaus hart waren) durften ehemalige Mitglieder des ATSB in die weiter bestehenden Sportvereine eintreten: „1. Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, daß sie keine Beziehungen mehr zu marxistischen Organisationen haben. 2. Beibringen eines polizeilichen Führungszeugnisses. 3. Gestellung zweier Bürgen (diese dürfen nicht aus einem marxistischem Verein stammen und müssen vor dem 1. Januar 1933 einem nationalen Verbande [als solche gelten alle Organisationen der NSDAP und des Stahlhelms] angehört haben). Alle bisher aufgenommenen Marxisten haben obige Bedingungen nachträglich sofort zu erfüllen. Die Zahl der bisher aufgenommenen und noch aufzunehmenden ehemaligen Marxisten darf vorerst 20% der Gesamtmitgliederzahl des Vereins nicht überschreiten.“

Die Fußballer der Union nahmen diese Chance, in anderen Vereinen unterzukommen, wahr und traten fast geschlossen zum Tuspo über, nur ein Bruchteil ging zum MTV. Das Verschwinden der Arbeitersportvereine in Alfeld beweist das Programmheft der am 17.-25. Juni 1934 in Alfeld stattfindenden „Braunen Messe – Deutsche Woche“. Das Sportturnier im Rahemen dieser Veranstaltung weist nur noch drei teilnehmende Alfelder Vereine aus, nämlich MTV, Tuspo und Sonnabendriege. Die Arbeitersportvereine, wie Turnklub und „Union“, waren bereits von der Bildfläche verschwunden.

Fußball wurde in der Nazi-Zeit in Alfeld recht erfolgreich gespielt. Der Tuspo schaffte im dreimal in Folge die Meisterschaft und stieg zweimal auf, bis in die Bezirksklasse, was damals die zweithöchste Spielklasse unter der Gauliga bedeutete. Der Verein war ab 1936 der einzige Alfelder Club, in dem Fußball gespielt wurde, da die Fußballsparte des MTV 1936 aufgelöst wurde. Zur Klassenzugehörigkeit kurz vor dem Krieg lässt sich allerdings nur gesichert sagen, dass der Tuspo 1938, laut AZ vom 8. Mai, in der Bezirksklasse Göttingen spielte. In Alfeld erfolgte im Jahr 1942 der Zusammenschluss der Vereine MTV, Sonnabend-Riege und Schwimmclub Poseidon zum Verein für Leibesübungen von 1858. Dazu muss allerdings angemerkt werden, dass dieser Zusammenschluss natürlich auch zustande kam, damit in der Kriegszeit überhaupt noch so etwas wie organisierter Sport betrieben werden konnte. So waren VfL und Tuspo auch die letzten beiden Sportvereine, die zum Ende des II. Weltkrieges noch existierten.